Metanavigation:

Hier finden Sie den Zugang zur Notfallseite, Kontaktinformationen, Barrierefreiheits-Einstellungen, die Sprachwahl und die Suchfunktion.

Navigation öffnen
Das Bild zeigt einen Arzt am Tisch, der den Blutdruck einer jungen Patientin mit einem Blutdruckmessgerät misst.

Pseudarthrosen

Sie befinden sich hier:

Informationen zu Pseudarthrosen für Patienten

Was bedeutet "Pseudarthrose"?

Der Begriff "Pseudarthrose" ist trotz Ähnlichkeit im Namen inhaltlich klar vom Gelenkverschleiss (Arthrose) zu unterscheiden. Der Begriff setzt sich zusammen aus zwei altgriechischen Wörtern

"ψε̃υδος" (= Pseudos = Falschheit) und "αρθρ́ος" (= arthros = Gelenk)
Eine "Pseudarthrose" bezeichnet also ein unechtes Gelenk, ein "Falschgelenk".

Wie kommt es zu Pseudarthrosen?

Die meisten Knochenbrüche (Frakturen) heilen innerhalb eines regulären Zeitraums von wenigen Wochen aus - lediglich in 5-10% der Fälle wird eine verzögerte oder fehlende Knochenheilung beobachtet.

Der Fall einer ausbleibenden knöchernen Konsolidierung, wenn es also nicht zum Zusammenwachsen von Knochenfragmenten nach einem Bruch kommt, wird dann als "Falschgelenk" oder eben Pseudarthrose bezeichnet.

Per Definition spricht man von einer Pseudarthrose erst nach 6 Monaten (englisch: "Non Union"). Ist die Frakturheilung im Zeitraum von 4 bis 6 Monaten nach dem Trauma noch nicht abgeschlossen, nennt man es verzögerte Frakturheilung (im engl. Sprachgebrauch "Delayed Union"). Pseudarthrosen betreffen häufig lange Röhrenknochen (Unterschenkel, Oberschenkel, Oberarm und Elle mit Speiche) sowie das Kahnbein. Ferner gibt es noch angeborene Pseudarthrosen (z. B. an der Tibia).

Ursachen, Symptome und Kriterien

Ursachen einer Pseudarthrose können mechanische Faktoren (z. B. Interposition von Weichteilen in den Frakturspalt, Dislokation bzw. Distraktion), mangelhafte Ruhigstellung bzw. zu frühe Mobilisierung (Belastung), verzögerte Kallusbildung, ungenügende Blutversorgung, Infekt, Gewebeverlust oder systemische Krankheiten wie Diabetes oder eine arterielle Verschlusskrankheit, aber auch Nikotinkonsum sein.

Pseudarthrosen führen häufig zu dauerhaften Funktionseinschränkungen und anhaltenden Schmerzen. Weitere Merkmale sind abnorme Beweglichkeit und ein Pseudarthrosespalt mit reaktiver Sklerosierung in der Umgebung im Röntgenbild.

Einteilung und Therapie - Es werden zwei Haupt-Formen unterschieden:

Hypertrophe vitale aktive Pseudarthrose

Gute Vaskularisierung (= Gefässversorgung), breite Zone von Faserknorpel, hohe osteogene Kompetenz.

Ursache: Instabilität.
Therapie: Verbesserung der mechanischen Rahmenbedingungen (z. B. Ruhigstellung oder Re-Osteosynhtese mit Platte, Marknagel oder Ringfixateur).


Atrophe avitale Pseudarthrose

Verminderte Durchblutung, ausbleibende Revaskularisierung durch nekrotische Knochenfragmente.

Therapie: Suffiziente Stabilisierung (mittels Platte, Nagel oder Fixateur), Entfernung avitaler und eventuell infizierter Knochenareale, Wiederaufbau des Knochendefektes beispielsweise durch Spongiosa-Knochentransplantation oder Kallusdistraktion. Ferner treten Übergangs- bzw. Mischformen zwischen den genannten Entitäten auf.


Unter bestimmten Bedingungen, kann mit stimulierenden Faktoren ("Wachstumsfaktoren" wie BMP-2 oder BMP-7) und Füll- bzw. Ersatzmaterialien das Ergebnis der Knochenheilung verbessert werden. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir gerne zu Ihrer Verfügung, insbesondere falls bei Ihnen die Situation einer Pseudarthrose vorliegt.

Spezialsprechstunde Rekonstruktive Chirurgie, Pseudarthrosenbehandlung

Falls Sie ein persönliches Gespräch suchen, können Sie uns in der
Spezialsprechstunde Rekonstruktive Chirurgie, Pseudarthrosenbehandlung in
der unfallchirurgischen/orthopädischen Poliklink besuchen:

Charité Campus Virchow-Klinikum
Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie
Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin

Bitte vereinbaren Sie einen Termin unter +49 (30) 450 552 688


Charité Campus Mitte
Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie
Luisenstraße 13-16, 10117 Berlin

Bitte vereinbaren Sie einen Termin unter +49 (30) 450 515 044

Lokale Anwendung von Wachstumsfaktoren

Trotz aller im klinischen Alltag erzielten Fortschritte treten bei 10-20% aller Frakturen Heilungsstörungen auf. Diese Tatsache und der Wunsch der Patienten nach immer schnellerer Rehabilitation ohne Funktionsverlust machen unfallchirurgische Forschung zur Verbesserung der Frakturheilung erforderlich. Mit der "Kallusmodulation" sind in diesem Zusammenhang alle Verfahren, die verbessernd in die Frakturheilung eingreifen, charakterisiert.

Obwohl die Frakturheilung komplexen biologischen Gesetzen unterliegt, erlauben es neue Erkenntnisse um die mechanischen und biologischen Rahmenbedingungen gezielt in die verschiedenen Phasen der Knochenbruchheilung einzugreifen.

Der Grundstein für die Entwicklung von Proteinen, welche das Knochenwachstum stimulieren, wurde bereits 1965 von Marshall Urist gelegt. Urist erkannte, daß das Einbringen von demineralisiertem Knochen in Muskulatur eine Bildung von Knorpel und Knochen zur Folge hat. Auf der Basis dieser Entdeckung führten die nachfolgenden Untersuchungen zur Charakterisierung der sog. Bone Morphogenetic Proteine (BMP's). Inzwischen sind mehr als dreißig verschiedene Typen bekannt. Wozney und seinen Mitarbeitern gelang es schließlich den genetischen Code des BMP zu entschlüsseln. Nachdem in tierexperimentellen Studien eine signifikante Beschleunigung der Frakturheilung durch die Anwendung von BMP´s nachgewiesen wurde, konnte durch die Verbindung der heute gentechnisch produzierbaren Substanzen mit geeigneten Trägermedien (z.B. kollagene Vliese oder flüssige injizierbare Kalziumphosphate), der klinische Einsatz ermöglicht werden.

Die Wirksamkeit dieser BMP´s wurde dabei in verschiedenen klinischen Studien bei schwer heilenden offenen Unterschenkelfrakturen und an Eingriffen an der Wirbelsäule gezeigt. Zugelassen für die Klinik sind derzeit 2 Wachstumsfaktoren: BMP-2 (InductOS®, Wyeth) und BMP-7 (Osigraft®, Stryker Biotech).

Beide Wachstumsfaktoren werden in der Behandlung von komplexen Frakturen oder Pseudarthrosen erfolgreich in der Klinik eingesetzt.

Ausblick

Von vielen weiteren Wachstumsfaktoren wurde im Experiment eine Beeinflussung der Frakturheilung und somit eine Frakturmodulation beschrieben. Hier sind vor allem der Transforming Growth Factor-beta (TGF-ß), der Platelet-derived Growth Factor (PDGF), der Fibroblast Growth Factor (FGF) und der Insulin-like Growth Factor - I (IGF-I) zu nennen. Diese haben gezeigt, dass sie durch Aktivierung der Zellteilung und Zellaktivität einen heilungsstimulierenden Effekt in tierexperimentellen Frakturmodellen zur Folge haben.

Die Applikationsform der in der Klinik derzeit angewendeten Wachstumsfaktoren kann in der Zukunft noch verbessert werden. Ein möglicher Lösungsansatz ist die Beschichtung von Implantaten mit Polylaktiden, in die aktive Wirksubstanzen eingearbeitet werden. Diese neu entwickelte Beschichtungstechnologie ermöglicht die "Veredelung" von Implantaten mit Wachstumsfaktoren. Hierbei handelt es sich um ein Verfahren, bei dem die Implantate mit einer 10µm dicken Polylaktid-Beschichtung (PDLLA) überzogen werden, in welche die Proteine in einer stabilen Form eingearbeitet werden können. Die Beschichtung setzt die eingearbeiteten Wachstumsfaktoren über einen dosierten Zeitraum (3-4 Monate) in einer lokal hohen Konzentration frei. Die experimentellen Untersuchungen mit dieser neuen Technologie sind sehr ermutigend.

Bereits heute wird diese Technologie mit in die Beschichtung eingearbeiteten Antibiotika zur Prophylaxe Implantat-assoziierter Infektionen bei offenen Frakturen in der Klinik eingesetzt.